Richtlinien und Empfehlungen
zu Bachelor- und Masterstudiengängen
im Fach Mathematik für das Lehramt an Gymnasien
DMV, GDM, KMathF, MNU

Die Mathematik ist eine der ältesten und höchstentwickelten Wissenschaften. Weil Mathematik zudem als Basiswissenschaft für Naturwissenschaften, Informatik und moderne Hochtechnologien dient, ist sie auch ein bedeutendes Schulfach. Lehramtsstudierende brauchen eine exzellente und wissenschaftsorientierte Fachausbildung; sie müssen darüber hinaus fachdidaktisch, medienmethodisch und erziehungswissenschaftlich qualifiziert werden.

Hier sollen einige Richtlinien und Empfehlungen für die Ausbildung zum Lehrerberuf ausgesprochen werden, die bei einer möglichen Umstellung vom herkömmlichen Lehramtsstudium zum Bachelor/Masterstudium berücksichtigt werden sollten. Dabei handelt es sich um das Lehramt an Gymnasien (bzw. Sekundarstufe I,II) und um das Fach Mathematik.

Wesentliche Aspekte der Lehramtsausbildung in diesem Bereich sind 2001 von DMV und GDM gemeinsam erarbeitet worden. Insbesondere wurde damals zum Ausdruck gebracht, dass Reformüberlegungen unterstützt werden, die zu einer Verbesserung der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern führen. Nach wie vor sind wir der Meinung, dass diese Reformen im Rahmen des jetzigen Ausbildungssystems möglich sind. Werden aber politische Vorgaben zu einer Einführung von BA/MA-Lehramtsstudiengängen führen, so sollte diese Umstellung als Chance für die Umsetzung wichtiger Innovationen genutzt werden.

I. Strukturvorgaben


II. Ausbildungsziele


III. Allgemeine Qualitätsstandards

  1. Aufnahmebedingungen
    Die Aufnahmebedingungen für das Bachelorstudium sind die gleichen wie für das herkömmliche Lehramtsstudium.
    Die Aufnahmebedingung für das Lehramts-Masterstudium ist in der Regel ein qualifizierter fachlich passender Bachelorabschluss, wobei mathematik-didaktische Studienleistungen von mindestens 8 SWS und ein Unterrichtspraktikum nachzuweisen sind.
  2. Prüfungen
    Zu jedem Modul ist eine Prüfungsleistung etwa in Form einer mündlichen Prüfung und/oder einer Klausur zu erbringen. Diese Prüfungsleistungen werden in der Regel benotet und mit Kreditpunkten gemäß ECTS gewichtet. Einzelheiten sind in der Prüfungsordnung festzulegen. Zum Bachelorstudium gehört eine Abschlussarbeit, die z.B. aus einem Seminar heraus entstehen kann, oder ein Praxisprojekt, das dann in einer schriftlichen Arbeit dokumentiert wird. Zum Masterstudium gehört eine schriftliche Masterarbeit, die mit der herkömmlichen Staatsexamensarbeit zwar vergleichbar ist, aber eine höhere Wertigkeit als bisher bekommt.
  3. Benotungen
    Die Noten können wie üblich vergeben werden. Zusätzlich kann eine Umrechnung in eine anerkannte europäische Notenskala erfolgen. Einzelheiten sind in der Prüfungsordnung festzulegen.
  4. Umfang der Module
    Aus Mobilitätsgründen werden im Allgemeinen einsemestrige Module im Umfang von 4 bis 10 SWS empfohlen. In der Mathematik empfiehlt es sich aber bei unmittelbar zusammengehörigen, zweisemestrigen Vorlesungen mit Übungen auch zweisemestrige Module von insgesamt 12 SWS vorzusehen.
  5. Kreditpunkte
    Die Kreditpunkte (credits) beim ECTS beschreiben den studentischen Arbeitsaufwand, student workload, der zur Erreichung eines Lernergebnisses erforderlich ist. Sie dokumentieren, dass eine Lernleistung erfolgreich erbracht worden ist. Die Qualität der Leistung ergibt sich erst aus der davon unabhängigen Note.
    Ein Semester umfasst im Schnitt 900 Stunden studentischer Arbeitszeit (Präsenzzeit, Vor- und Nachbereitungszeit, Prüfungsvorbereitungszeit), wofür 30 Kreditpunkte vergeben werden. Also entsprechen einem Kreditpunkt 30 Stunden studentischer Arbeitszeit, es werden dabei 10 Stunden Präsenzstudium und 20 Stunden Selbststudium angenommen. Für ein Bachelorstudium ergeben sich insgesamt 180 Kreditpunkte, und für das Masterstudium kommen noch 120 Kreditpunkte hinzu.
  6. Studierbarkeit
    Die Optionen für das zweite Fach sollten möglichst so gestaltet sein, dass Synergieeffekte genutzt werden können. Es sollten genügend Beratungsangebote und Möglichkeiten des kritischen Dialogs zwischen Lehrenden und Studierenden vorhanden sein. Auf eine ausgewogene Betreuungsrelation und einen zumutbaren Arbeitsaufwand für Studierende ist zu achten. Als zumutbar gelten dabei 46 Studienwochen pro Jahr und je Studienwoche 45 Stunden aktive Studienzeit.
  7. Studiendauer
    Bei der Festlegung von Regelstudienzeiten wird von ganzjährigen Zyklen mit einer Studiendauer von fünf Jahren für ein konsekutives Bachelor/Masterstudium ausgegangen. Für das Bachelorstudium empfiehlt sich eine Regelstudienzeit von drei Jahren und für das Masterstudium eine Regelstudienzeit von zwei Jahren.
  8. Umsetzungskompetenz der Ausbildungsziele
    Es sollten genügend Resourcen vorhanden sein, um in den mittleren Semestern auch Extravorlesungen für Lehramtsstudierende anbieten zu können und um Lehrerfortbildung gewährleisten zu können. Es ist empfehlenswert, Entwicklungspläne über Lehrkapazitäten zusammen mit anderen Fachbereichen zu erstellen, um Studienpläne für gut studierbare Fächerkombinationen konzipieren zu können. Wichtig ist auch, dass genügend Computer-Arbeitsplätze und Softwarelizenzen für die Studierenden zur Verfügung stehen.
  9. Evaluation des Studienerfolgs
    Eine Evaluation während des Studiums geschieht durch ständigen Dialog mit den Studierenden. Weitere Bewertungsverfahren werden durch die Hochschulen geregelt.
  10. Akkreditierung
    Neu eingerichtete Bachelor- und Masterstudiengänge müssen in der Regel durch eine Akkreditierungsagentur akkreditiert werden. Dabei muss die Agentur selbst durch den Akkreditierungsrat akkreditiert worden sein. Die Kosten des Verfahrens hat die Universität zu tragen. Die Akkreditierung erfolgt grundsätzlich zeitlich befristet (etwa Regelstudienzeit + 2 Jahre). Ein späteres Reakkreditierungsverfahren ist dann weniger aufwendig als das erste.
IV. Curriculare Qualitätsstandards

Die Regelstudienzeit für einen konsekutiven Bachelor/Masterstudiengang beträgt 10 Semester, was ungefähr 300 Kreditpunkten (CP) entspricht. Rechnet man ein Semester für Prüfungen ab, so ergeben sich insgesamt 9x20 SWS=180 SWS, die während des Studiums absolviert werden.

  1. Anforderungen

    Die folgenden Studienpläne haben Beispielcharakter. Je nach Gegebenheit können sie auch noch variiert werden.

    Bachelorstudium

    MathematikCPSWS
    Analysis I, II188V+4Ü
    Lineare Algebra/Analytische Geometrie I,II188V+4Ü
    Informatik/ Diskrete Strukturen/ Elementargeometrie94V+2Ü
    Stochastik 94V+2Ü
    Proseminar/Praktikum22
    Fachdidaktik98
    Algebra/Zahlentheorie 94V+2Ü
    Höhere Analysis 194V+2Ü
    Seminar42
    Summe8760
    Weitere AnforderungenCPSWS
    Zweites Fach inkl. Fachdidaktik6948
    Softwarepraktikum21
    Unterrichtspraktikum41
    Pädagogik/ Soziale Aspekte64
    Schwerpunkt/ Bachelorarbeit126
    Summe9360

    Der Unterschied zwischen Mathematik und dem zweiten Fach von 87 CP - 69 CP=18 CP (und 12 SWS) kann zum Beispiel durch Synergieeffekte mit einem mathematiknahen Fach wie Informatik oder Physik ausgeglichen werden.

    Die angegebenen 8 SWS Fachdidaktik gliedern sich in 4 SWS Fachdidaktik im Sek I- und 4 SWS Fachdidaktik im Sek II-Bereich auf.

    Die Veranstaltungen im Schwerpunkt (6 SWS) und die Bachelorarbeit sind aus einem Gebiet zu wählen.

    Masterstudium

    MathematikCPSWS
    Mathematische Modellierung / Numerische Mathematik94V+2Ü
    Wahlpflicht128
    Fachdidaktik64
    Seminar42
    Summe3120
    Weitere AnforderungenCPSWS
    Zweites Fach inkl. Fachdidaktik3120
    Pädagogik2416
    Unterrichtspraktikum6 
    Schwerpunkt/Masterarbeit284
    Summe8940

    Das Seminar darf auch in der Fachdidaktik absolviert werden. Die 4 SWS in Mathematikdidaktik gliedern sich in eine Vorlesung und ein Seminar.

    Veranstaltungen im Schwerpunkt (4 SWS) müssen im Gebiet der Masterarbeit liegen. Dieses Gebiet kann der Mathematik, dem zweiten Fach oder einer Fachdidaktik angehören.


    1 Die drei Vorlesungen Algebra/Zahlentheorie, Höhere Analysis und Mathematische Modellierung/Numerische Mathematik können auch in anderer Reihenfolge als angegeben gehört werden. Sie sollten auf Anwendungen zielen und zum Teil an der Schnittstelle zwischen Mathematik und Fachdidaktik liegen.

  2. Mathematik an der Schnittstelle von Fachwissenschaft und Fachdidaktik
    Als dritte Säule und Schnittstelle zwischen Fachmathematik und Fachdidaktik sollten nach dem Grundstudium Veranstaltungen angeboten werden, in denen der wissenschaftliche Hintergrund von ausgewählten Themen des Mathematikunterrichts entwickelt wird. Das Lehrangebot sollte zusätzlich fächerübergreifende Teile enthalten und auf Anwendungen der Mathematik hinzielen. Diese spezifischen Veranstaltungen sind für Lehramtsstudierende zu konzipieren und so anzulegen, dass die Eigentätigkeit der Studierenden im Hinblick auf ihre spätere berufliche Tätigkeit gefördert wird.

Arnold a Campo (MNU),
Gerd Christoph (KMathF),
Jürg Kramer (DMV),
Bernd Heinrich Matzat (KMathF),
Kristina Reiss (GDM)
und Ina Kersten als Koordinatorin.

Verabschiedet vom Präsidium der DMV am 14.09.2003 in Rostock.

Verabschiedet von der Plenarversammlung der KMathF mit Ausnahme von Abschnitt IV.1 am 31.05.2003 in Göttingen.
(Der Abschnitt IV.1 wurde danach wie oben stehend überarbeitet.)


http://www.mathematik.uni-bielefeld.de/KMathF/standpunkte/lehrer/